Wissenschaftsfestival 2024

Wissenschaftsfestival / TRAllye - Sonntag, 7. Juli 2024, Hofgarten

Zusammen mit der TRA 5 "Vergangene Welten – Zeitgenössische Fragen. Kulturen in Zeit und Raum" und dem Global Heritage Lab sind wir auch dieses Jahr wieder beim Wissenschaftsfestival der Universität Bonn vertreten. Am Sonntag, 7. Juli 2024, heißen wir Euch/Sie von 12–18 Uhr auf der Hofgartenwiese (Stand 24) willkommen!

Together with TRA 5 "Past Worlds and Modern Questions – Cultures Across Time and Space" and the Global Heritage Lab, we cordially invite you to join us for this year's Uni Bonn Wissenschaftsfestival. You can find our stall (no. 24) at the Hofgartenwiese on Sunday, 7 July 2024, between 12 and 6 pm

Impressionen vom Wissenschaftsfestival 2024 / Impressions of the Science Festival 2024

Impressions Science Festival 2024

Das Schweigen der Geschichte durchbrechen /

Breaking Historical Silences

Seit Beginn des römischen Aufstiegs war Sklaverei eine der ältesten und grundlegendsten Institutionen im alten Rom. Versklavte Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, unterschiedlicher Herkunft und Fähigkeiten gab es überall, in den reichen und armen Haushalten der Städte ebenso wie auf den großen und kleinen Gütern auf dem Land. Und überall wurden ihre Arbeitskraft und ihre Körper ausgebeutet.

Trotz ihrer allgegenwärtigen Präsenz kommen Versklavte in den antiken Quellen kaum vor, höchstens am Rande. Wenn, dann wird ihr Alltag stets durch die verzerrende Linse ihrer Sklavenhalter dargestellt, denn die antiken Quellen, auf die wir uns berufen, sind in der Regel von ihnen, den Sklavenhaltern geschrieben.

In ancient Rome, slavery was one of the oldest and most fundamental institutions since the beginning of Roman rise. Slaves of different ages, sexes, origins, and skills were everywhere, from the wealthy and poor households in the cities to the large and small estates in the countryside. And everywhere their labor and bodies were exploited.

Despite their ubiquitous presence, the ancient sources relegate the slaves to be mere parts of the landscape, and their everyday lives are always presented through the distorting lens of their slaveowners, who are also the authors of the ancient texts still preserved.

Wie können wir dann das Schweigen brechen, das die Versklavten in den Quellen umgibt? Sollen wir uns mit der einfachen Feststellung zufrieden geben, dass sie existierten und ein Leben voller Missbrauch und Ausbeutung führten? Eine mögliche Lösung besteht darin, mit dem Schweigen zu argumentieren. Das ist im Falle von Inschriften möglich, denn trotz ihrer begrenzten finanziellen Mittel konnten versklavte Frauen und Männer Inschriften anbringen, z. B. Widmungen an die Götter und (Grab)Inschriften, sogenannte 'Epitaphe' für ihre Angehörigen.

Then, how can we break the silence that surrounds slave men and women in the sources? Should we be satisfied by simply stating that they existed and lived lives of abuse and exploitation? A possible solution is to argue with the silence and, to do that, we can focus on inscriptions. Despite their limited financial resources, slaves could set up inscriptions, such as dedications to the Gods and epitaphs for their loved ones. The latter prove to be particularly useful for those interested in slaves' everyday lives.

CIL, VI 27135 fig. 1.jpg
Epitaph of Telamo, a male slave of Caligula (Caius Caesar). In the third line, there is the formula h(ic) s(itus) est, which means "he lies here". (CIL, VI 27135, cf. p. 3918 = EDR158027. Vatican City State, Vatican Museums, Galleria Lapidaria, 9B, 10, inv. 8470 (from Rome, unknown findspot). 37-41 CE) © catalogo.museivaticani.va

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Epitaph of Scauriana and Restituta, two sisters, probably twins, who died at 5 years old. They were homeborn slaves of Caius Aurelius Taurus and Aurelia Fortunata, likely spouses, who set up the inscription. (CIL, VI 26005 = EDR159609. Vatican City State, Vatican Museums, Galleria Lapidaria, 12, 54, inv. 5808 (from Rome, unknown findspot). II-III c. CE) © catalogo.museivaticani.va

Epitaphe erweisen sich als besonders nützlich für diejenigen, die sich für das Alltagsleben der Sklaven interessieren: Auf den Postern könnt ihr einige Beispiele für Epitaphe aus dem Alten Rom sehen.

Epitaphe konnten von Sklaven erstellt werden, die vermutlich den Text für die Inschrift auswählten. Meist handelt es sich um Widmungen. Sie liefern uns biografische Details, die wir sonst kaum woanders finden. Bei der Lektüre erfahren wir die Namen der Versklavten (und die ihrer Sklavenhalter), ihr Alter beim Tod, ihre Berufe, ihre Familien und Beziehungen.

Um zu verstehen, was uns die Epitaphe sagen, muss man auch versuchen, das Schweigen des jeweiligen Mediums, der Inschriften, und das Schweigen der "toten" Sprache zu durchbrechen.

Zunächst müssen wir einige wichtige Wörter auf Latein kennenlernen, der Sprache, die im alten Rom und im ganzen Reich gesprochen wurde.

Epitaphs could be dedicated by slaves, who presumably chose the text to inscribe, and provide us with biographical details that we hardly find anywhere else. Reading them, we discover the names of the slaves (and those of their slaveowners), their ages at death, their professions, their families, and affective relationships.

To understand what epitaphs tell us, you should also try to break the silence originating from the use of a specific medium, the inscriptions, and the silence of the "dead" language.

First, you need to know some crucial words in Latin, the language spoken in ancient Rome and all over the Empire.


Anhand der Begriffe 'servus', 'serva', 'ancilla' und 'verna' können wir Männer und Frauen und sogar Kinder mit Sklavenstatus identifizieren; einige von ihnen wurden im Haushalt ihrer Sklavenhalter geboren und waren damit von Geburt an ebenfalls versklavt.

Achtet auf Wörter wie 'parentes', 'filius', 'frater', 'soror' und 'coniux', um ihre familiären und affektiven Beziehungen zu rekonstruieren und einen Einblick in ihre Gefühlswelten zu erhalten.

Diese Wörter erinnern daran, dass versklavte Menschen trotz ihrer Ausgrenzung und Abhängigkeit aktive Mitglieder von Gemeinschaften waren, die sie unterstützten und dazu beitrugen, ihnen die Illusion oder die Hoffnung auf ein normales Leben zu geben.

Auch Berufsbezeichnungen spielten im Leben versklavter Menschen eine zentrale Rolle: Für ihre Arbeit wurden sie ausgebeutet, aber ihre Berufe gaben ihnen auch eine Stellung innerhalb der Gesellschaft, prägten ihre Identität und konnten Quellen für den Lebensunterhalt und den sozialen Aufstieg sein. Berufe konnten ihnen auch dazu verhelfen, ihre Freiheit zu erlangen.

The terms 'servus', 'serva', 'ancilla' and 'verna' will allow you to identify men and women, and even children, of slave status; some of them were also born in slavery in their slaveowners' households.

Watch out for words such as 'parentes' (parents), 'filius' (son), 'frater' (brother), 'soror' (sister) and 'coniux' (spouse) to reconstruct their family and affective relationships and also get a glimpse of their emotions. 

These words will remind you that, despite their marginalized and dependent condition, slaves were active members of communities that supported them and contributed to giving them the illusion, or the hope, of a normal life.

You will also find some job titles, because more or less specialized work played a central role in the life of every slave: for their labor, they were exploited but their occupations also gave them a position within the society, shaped their identities, and could be sources of livelihood and social advancement if they eventually gained freedom.

CIL, VI 6490 fig. 2.jpg
Fragmentary epitaph of Nemesis, an ancilla (l. 4) belonging to Nice, who was, in turn, an ex-female slave of the aristocrat Taurus (l. 3: Ṭauri l(ibertae)). (CIL, VI 6490 = EDR111734. Rome, Museo Nazionale Romano (from Rome, Porta Maggiore, Monumentum Statiliorum). First half of the I c. CE) © Epigraphic Database Roma
CIL, VI 6325 fig. 3.jpg
Epitaph of Secunda, a slave midwife (l. 2: opstetrix) belonging to the aristocrat Statilia Maior. (CIL, VI 6325 = EDR113131. Rome, Museo Nazionale Romano, Mag. Epigr. L, 4, 5 esterno, inv. 33256 (from Rome, Porta Maggiore, Monumentum Statiliorum). First half of the I c. CE) © Epigraphic Database Roma

Aufgepasst! Die lateinische Epigraphik verwendet viele feste Wendungen, Abkürzungen und implizierte Wörter. Selbst die grundlegenden Begriffe 'servus', 'serva' und 'ancilla' fallen manchmal weg. Woher weiß man dann, dass es sich um versklavte Menschen handelte? Auf den dienstbaren Zustand weist manchmal nur der Name des Besitzers hin, der auf den Namen der Sklavin oder des Sklaven folgt, und zwar im Genitiv, also in der grammatikalischen Form, die einen Besitz anzeigt.  

Man sollte also jedes einzelne Wort analysieren und auch zwischen den Zeilen lesen, um dem Leben versklavter Menschen im Alten Rom auf die Spur zu kommen. Nur so können wir Sklavinnen und Sklaven, ihre Verwandten und Freunde identifizieren und das Schweigen ein kleines bisschen lüften.

But you should be attentive readers, because Latin Epigraphy uses many fixed phrases, recurring terms and abbreviated or implied words. Even the basic terms 'servus', 'serva' and 'ancilla' can be omitted, while the only element that hints at the servile condition is the owner’s name in the genitive case following that of the slave. Thus, you should be prepared to analyze each inscribed word to identify the slaves, their relatives and friends; and, if you want to thin the silence surrounding them, you should allow yourself to read between the brief lines of these epitaphs.


Weitere Informationen zum Wissenschaftsfestival sind hier zu finden.

Sonntag, 7. Juli 2024, 12–18 Uhr, Hofgarten

Ein großes Dankeschön geht an unsere Doktorandin Giulia Cappucci für die Bereitstellung der Informationen! Giulia ist Archäologin und untersucht für ihre Doktorarbeit die Beziehung zwischen versklavten Frauen und Sklavenhalterinnen im alten Rom anhand alter Inschriften.

A big thank you goes to our PhD Researcher Giulia Cappucci for providing the information! Giulia is an archaeologist and is researching the relations between enslaved women and female slave owners in ancient Rome on the basis of ancient inscriptions for her doctoral thesis.

 

GRAZIE, GIULIA!

Giulia Cappucci
© Giulia Cappucci

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